Von einem Vorteil der Spastik

Eine andere vergebliche, „gleichzeitige“ Aktion während des Gehens (besser: Hinkens) ist das Herunterdrücken des angewinkelten Armes. Der Muskeltonus in der linken Körperhälfte ist einfach zu hoch („Spastik„). Und so zieht es mir sehr oft beim Gehen, nicht immer, den linken Arm in die Höhe. Es sieht dann aus als hätte ich mir den Ellenbogen gebrochen und er wäre eingegipst. Ist er aber nicht. Krieg den Arm einfach nicht entspannt, so dass er unten bleibt.

Übrigens: Ein sehr verräterisches Zeichen bei Gesprächen. Ist der Arm zunächst entspannt unten und wandert er dann hoch, darf man bei mir von einer inneren Anspannung ausgehen. Hinweis eines inneren Wendepunktes von Entspanntheit zu Anspannung. Was ich früher verbergen konnte, geht heute überhaupt nicht mehr.

Aber es hat auch sein Gutes. Ich musste mir „damals“ vor allem von Frauen anhören, ich sei sehr verkopft und hätte keinen Zugang zu meinen Gefühlen. Nun ja. Eine diffizile Angelegenheit, der „Zugang zu Gefühlen“. Wenn einem klar ist, dass das Erkennen von Gefühlen auch einen rein körperlichen Aspekt hat, dann hilft mir die Spastik dabei.

Um wieder das Handwerk des Verbergens von Angespanntheit zu erlernen heißt das Zauberwort: Die Kunst der kombinierten „selektiven Bewegung“ wieder erlernen. Man sagt, mit sieben Jahren habe das Kind das Gangbild des Erwachsenen halbwegs erlernt. 45 Jahre Verfeinerung des Gangbildes, inklusive der vortäuschenden Inszenierung von Körpersprache, sind vor zwei Jahren futsch gegangen.  Seitdem lerne ich die ganz schlichte, einfache Fortbewegung wieder von vorne, weit entfernt von ganzkörperlichen, gestischen Inszenierungen.

 

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